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Baulastenverzeichnis: Die wichtigsten Fakten

Der Kauf oder Verkauf einer Immobilie ist ein bedeutender Schritt, der mit zahlreichen Prüfungen und Formalitäten verbunden ist. Während die meisten Beteiligten das Grundbuch als zentrale Informationsquelle kennen, fristet ein anderes, ebenso wichtiges Register oft ein Schattendasein: das Baulastenverzeichnis. Ein Blick in dieses Verzeichnis ist jedoch unerlässlich, um die Bebaubarkeit und Nutzbarkeit eines Grundstücks vollständig zu verstehen und sich vor kostspieligen Überraschungen zu schützen. Doch was verbirgt sich genau hinter diesem sperrigen Begriff? Ein Baulastenverzeichnis ist ein von der Bauaufsichtsbehörde geführtes öffentliches Register, das öffentlich-rechtliche Verpflichtungen eines Grundstückseigentümers gegenüber der Baubehörde dokumentiert. Diese Verpflichtungen, die sogenannten Baulasten, können die Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks erheblich einschränken oder erweitern und sind für den Rechtsnachfolger, also einen potenziellen Käufer, bindend. Dieser Artikel beleuchtet, warum kein Weg am Baulastenverzeichnis vorbeiführt und was Sie darüber wissen müssen.

Was genau steht im Baulastenverzeichnis?

Im Baulastenverzeichnis sind alle öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen eingetragen, die ein Grundstückseigentümer freiwillig übernimmt, um beispielsweise die Bebaubarkeit seines eigenen oder eines benachbarten Grundstücks zu ermöglichen. Diese Einträge sind entscheidend, da sie die baulichen Möglichkeiten und Pflichten definieren, die über die allgemeinen gesetzlichen Vorschriften hinausgehen. Eine Baulast sichert somit die Einhaltung baurechtlicher Vorschriften, wenn ein Bauvorhaben sonst nicht genehmigungsfähig wäre. Die eingetragenen Verpflichtungen sind vielfältig und haben unterschiedliche Auswirkungen auf das betroffene Grundstück, das als „dienendes Grundstück“ bezeichnet wird.

Zu den häufigsten Arten von Baulasten, die im Verzeichnis vermerkt sind, gehören:

  • Abstandsflächenbaulast: Hier verpflichtet sich ein Eigentümer, eine auf seinem Grundstück liegende Fläche nicht zu bebauen, damit der gesetzlich vorgeschriebene Mindestabstand eines Gebäudes auf dem Nachbargrundstück (dem „begünstigten Grundstück“) zur gemeinsamen Grenze eingehalten wird.
  • Anbaulast: Diese verpflichtet einen Eigentümer, sein Gebäude an das des Nachbarn anzubauen, um beispielsweise ein geschlossenes Straßenbild zu wahren.
  • Erschließungsbaulast: Sie sichert die Zufahrt zu einem hinteren Grundstück (Hinterliegergrundstück) über das vordere Grundstück. Dies umfasst Wegerechte oder auch das Recht, Ver- und Entsorgungsleitungen zu verlegen.
  • Stellplatzbaulast: Ein Eigentümer weist auf seinem Grundstück Pkw-Stellplätze für ein anderes Bauvorhaben nach, wenn auf dem Baugrundstück selbst nicht genügend Platz vorhanden ist.
  • Vereinigungsbaulast: Mehrere Grundstücke werden baurechtlich als eine Einheit behandelt, um beispielsweise ein großes Gebäude über die Grundstücksgrenzen hinweg errichten zu können.

Der Unterschied: Baulastenverzeichnis vs. Grundbuch

Für Laien sind die Unterschiede zwischen dem Baulastenverzeichnis und dem Grundbuch oft nicht auf den ersten Blick ersichtlich, obwohl beide Register fundamental verschiedene Zwecke erfüllen. Der wesentliche Unterschied liegt in der Art der eingetragenen Rechte und Pflichten. Das Grundbuch, geführt vom Amtsgericht, dokumentiert die privatrechtlichen Verhältnisse eines Grundstücks. Hier finden sich Informationen zum Eigentümer, zu Grundschulden oder Hypotheken (Abteilung III) sowie zu privatrechtlichen Lasten wie Wegerechten, Wohnrechten oder Leitungsrechten zugunsten anderer Privatpersonen oder Unternehmen (Abteilung II), die als Grunddienstbarkeiten bezeichnet werden.

Das Baulastenverzeichnis hingegen ist ein Register des öffentlichen Baurechts und wird von der kommunalen Bauaufsichtsbehörde geführt. Es enthält ausschließlich öffentlich-rechtliche Verpflichtungen des Grundstückseigentümers gegenüber der Baubehörde. Eine Baulast entsteht durch eine einseitige, freiwillige Erklärung des Eigentümers und dient dazu, baurechtliche Hindernisse für ein Bauvorhaben aus dem Weg zu räumen. Ein entscheidender Punkt ist, dass Baulasten nicht in allen Bundesländern existieren. In Bayern beispielsweise werden entsprechende Regelungen direkt als Grunddienstbarkeiten in das Grundbuch eingetragen, was ein separates Baulastenverzeichnis überflüssig macht. In Brandenburg werden seit einigen Jahren ebenfalls keine neuen Baulasten mehr eingetragen.

Warum ist die Einsicht in das Baulastenverzeichnis so wichtig?

Die Einsichtnahme in das Baulastenverzeichnis ist vor jedem Grundstückskauf ein absolutes Muss. Da die eingetragenen Verpflichtungen mit dem Grundstück und nicht mit der Person des Eigentümers verbunden sind, gehen sie beim Verkauf automatisch auf den neuen Eigentümer über. Eine im Kaufvertrag oft enthaltene Klausel wie „gekauft wie gesehen“ schützt den Käufer nicht vor den Konsequenzen einer übersehenen Baulast. Notare sind in den meisten Bundesländern nicht verpflichtet, das Baulastenverzeichnis zu prüfen; ihre Prüfungspflicht erstreckt sich in der Regel nur auf das Grundbuch. Die Verantwortung liegt also klar beim Käufer.

Das Ignorieren des Baulastenverzeichnisses kann gravierende und teure Folgen haben:

  • Unerwartete Duldungspflichten: Sie müssen möglicherweise dulden, dass Ihr Nachbar seine Einfahrt über Ihr Grundstück anlegt oder dass die Feuerwehr im Notfall eine Zufahrt über Ihren Garten nutzt.
  • Einschränkung der Bebaubarkeit: Eine Abstandsflächenbaulast kann verhindern, dass Sie Ihr Grundstück wie geplant bebauen können, da ein Teil als Freifläche für den Nachbarn dienen muss.
  • Wertminderung der Immobilie: Eingetragene Baulasten können den Marktwert eines Grundstücks erheblich mindern, da sie die Nutzungsmöglichkeiten dauerhaft einschränken.
  • Zusätzliche Kosten: Eine Stellplatzbaulast kann bedeuten, dass Sie auf eigene Kosten Parkplätze für ein fremdes Gebäude zur Verfügung stellen und instand halten müssen.

Wer darf das Baulastenverzeichnis einsehen und wo?

Das Recht zur Einsichtnahme in das Baulastenverzeichnis ist nicht jedem gestattet. Es steht nur Personen zu, die ein „berechtigtes Interesse“ nachweisen können. Dies soll den Datenschutz des Eigentümers wahren. Zuständig für die Führung des Verzeichnisses und die Gewährung der Einsicht ist die untere Bauaufsichtsbehörde des jeweiligen Landkreises oder der kreisfreien Stadt, in der sich das Grundstück befindet.

Um Einsicht zu erhalten, müssen Sie in der Regel wie folgt vorgehen:

  1. Antragstellung: Sie stellen einen formlosen schriftlichen oder persönlichen Antrag bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde. Hierfür benötigen Sie die genaue Bezeichnung des Grundstücks (Adresse, Gemarkung, Flur und Flurstücksnummer).
  2. Nachweis des berechtigten Interesses: Als Kaufinteressent können Sie Ihr Interesse in der Regel durch die Vorlage einer Kopie des Kaufvertragsentwurfs oder einer Vollmacht des aktuellen Eigentümers nachweisen. Eigentümer selbst, Notare, öffentlich bestellte Vermessungsingenieure oder Kreditinstitute haben ebenfalls ein berechtigtes Interesse.
  3. Einsichtnahme vor Ort oder schriftliche Auskunft: Je nach Behörde können Sie die Unterlagen direkt vor Ort einsehen oder eine schriftliche Auskunft (Auszug) beantragen, die Ihnen per Post zugesendet wird. Eine telefonische Auskunft wird aus rechtlichen Gründen meist nicht erteilt.

Was kostet die Einsichtnahme in das Baulastenverzeichnis?

Die Kosten für die Einsichtnahme sind nicht bundeseinheitlich geregelt und variieren je nach Kommune und dem damit verbundenen Verwaltungsaufwand. Die Gebühren basieren auf den Verwaltungskostensatzungen der jeweiligen Gemeinde oder des Landkreises. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über mögliche Kostenpunkte.

LeistungDurchschnittliche Kosten (ca.)Anmerkung
Mündliche Auskunft/Einsicht vor Ort20 € – 60 €Gebühr pro Grundstück oder pro angefangener halben Stunde.
Schriftliche Auskunft (Negativattest)30 € – 80 €Bestätigung, dass keine Baulasten eingetragen sind.
Schriftlicher Auszug (bei vorhandener Baulast)50 € – 150 €Die Höhe der Gebühr kann von der Anzahl der Baulasten abhängen.
Beglaubigte Kopie des Baulastenblattes15 € – 50 € zusätzlichErforderlich für die Vorlage bei Banken oder Notaren.

FAQ – Häufig gestellte Fragen zum Baulastenverzeichnis

Was ist der Unterschied zwischen einer Baulast und einer Grunddienstbarkeit?

Eine Baulast ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung gegenüber der Baubehörde, die im Baulastenverzeichnis steht. Eine Grunddienstbarkeit ist hingegen eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen zwei Grundstückseigentümern, die im Grundbuch eingetragen wird.

Wie erfahre ich, ob auf meinem Grundstück eine Baulast eingetragen ist?

Um dies zu erfahren, müssen Sie bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde Ihrer Gemeinde oder Stadt einen Antrag auf Einsicht in das Baulastenverzeichnis stellen. Dafür ist in der Regel ein Nachweis des berechtigten Interesses erforderlich.

Kann eine eingetragene Baulast wieder gelöscht werden?

Ja, eine Baulast kann gelöscht werden, wenn die Baubehörde darauf verzichtet, weil der öffentliche Grund für die Eintragung entfallen ist. Hierfür ist ein schriftlicher Antrag des Grundstückseigentümers und die Zustimmung der Behörde erforderlich.

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